Filmkritik «Sport vor Ort»
von Jossi Schütt
Wenngleich College-Filme innerhalb der Fachkritik verpönt sind, gibt es trotzdem immer wieder herausragende Werke aus diesem Bereich. Zum Beispiel die Neuerscheinung «Sport vor Ort», die gestern in die Kinos gekommen ist.
Der Protagonist des Streifens ist M.T.*, ein Sportlehrer an einem Gymnasium. Das tönt jetzt noch recht unspektakulär, doch das ist es beileibe nicht: M.T. wird von einem Tag auf den anderen arbeitslos, und von seinem Kampf gegen das Akzeptieren der Arbeitslosigkeit erzählt der Film. T. geht nämlich weiterhin zur Schule und muss feststellen, dass keine Schüler mehr seine Stunden besuchen. In einer besonders rührenden Szene hockt T. auf einem Trampolin, allein mit einem grossen roten Stoffwürfel, den er fest an sich drückt, und beweint sein Schicksal.
Daheim sieht es für M.T. leider auch nicht besser aus. Dass er plötzlich ohne Job dasteht, drückt auf sein Gemüt – und wie wird vor allem seine Frau darauf reagieren? Sie ist gar nicht erfreut. Sie greift ihn mit einer Badenudel an, das Ganze mündet in ein hitziges Gefecht, in welchem M.T. schliesslich zu Boden geht.
Darauf wird die Handlung um Sportlehrer R.A.* (82) erweitert. Wir sehen ihn in seinem Garten, wie er Tischfussball spielt. Nach einem beispiellosen Kraftakt gelingt es dem Altmeister, die Partie für sich zu entscheiden, was er – in einer wunderbaren Reminiszenz an den Wrestler und Schauspieler Hulk Hogan – mit einem regelrechten Urschrei feiert (02:18; man muss nur genau hinhören).
Währenddessen plant M.T., geplagt vom Streit mit seiner Frau, von daheim zu fliehen. Er will sich mittels einer Liane von seinem Balkon abseilen und so aus seiner Wohnung entkommen. Ein sehr gefährliches Unterfangen – doch M.T. meistert es ohne grosse Probleme. Wo aber wird T. jetzt einen Platz zum Schlafen finden? An dieser Stelle bleibt der Film äusserst vage, schaut man allerdings genau hin, lässt sich durchaus eine Antwort auf diese Frage finden. Es ist nämlich die Berufskollegin K.F.*, die beim Morgenyoga in ihren Pool gefallen ist, zu der es M.T. womöglich hinzieht. T. geht sozusagen «auf Tauchstation» und gesellt sich, mit Flossen und Taucherbrille ausgestattet, zu ihr ins Schwimmbad. Wohl absichtlich spart die Kamera aus, was sich unter Wasser zwischen T. und F. abspielt.
Obwohl die Romanze etwas holprig eingeführt wird, entfaltet sie sich ordentlich. Es kommen also auch Fans von wilden Liebesabenteuern mit «Sport vor Ort» auf ihre Kosten. Eine Frage allerdings bleibt: Wie geht die Liebesgeschichte zwischen T. und F. aus? Auch an dieser Stelle nimmt der Film nicht definitiv Stellung und überlässt es dem Zuschauer, seine Schlüsse zu ziehen. Hierfür richtet sich M.T. in seinem Schlussmonolog an die Zuschauer: «Denn schlichend ihr eu», sagt er nämlich, «ganz langsam, ganz langsam, gönd da dure – und denn isch klar henders Goal gmacht.»
«Sport vor Ort» – ab sofort verfügbar.
*Namen der Redaktion bekannt