Grossbrand am Zürcher HB – wie weiter?
Ein Grossbrand, gesperrte Gebäude. Wie geht es weiter mit den Brandruinen am HB? Der springende punkt hat mit einem zuständigen Bauingenieur gesprochen.
Nach der Chorprobe in der Aula am 30. August bemerken einige Schüler plötzlich den Rauch, der über die Stadt schwebt. Es ist der zweite Brand in Zürich innert fünf Tagen. Er ist auf der Dachterrasse eines Hauses in der Nähe des Grossmünsters ausgebrochen. Die Bewohner versuchen zuerst, den Brand mit Hilfe eines Gartenschlauchs zu löschen, aber die Feuerwehr muss einspringen. Sie kann den Brand innert weniger Minuten unter Kontrolle bringen. Der Anblick des Rauchs gibt den Schülern ein ungutes Gefühl, da sie sich sofort an den Grossbrand am Hauptbahnhof erinnern, der am frühen Morgen des 25. August im Haus an der Ecke Bahnhofplatz/Bahnhofquai ausgebrochen ist. Die Flammen sind weit umher sichtbar und innert kurzer Zeit gehen 50 Notrufe bei der Polizei ein. Die Rettungskräfte brauchen ein Grossaufgebot, um den Brand gegen vier Uhr morgens unter Kontrolle zu bringen. Es gibt zum Glück keine Schwerverletzten, ein Polizist jedoch bekommt ein Hörtrauma.
Diese Fakten kennen wir alle. Doch wie geht es nun weiter mit dem Gebäude? Ist es wirklich einsturzgefährdet, wie die Medien berichten? Ich habe mit Robert Sigrist, Bauingenieur bei der Synaxis AG, gesprochen. Während den Löscharbeiten sind die Bauingenieure und Tragwerksspezialisten von Synaxis bis zur Freigabe der gesperrten Vekehrsachsen rund um die Uhr vor Ort gewesen und haben den Zustand des Hauses beurteilt. Sie kennen das Gebäude bestens durch die bisherige Umbauplanung und Ausführungsbegleitung. «Entgegen der bisherigen Darstellung in verschiedenen Medien, sind die vom Grossbrand betroffenen Gebäude am Bahnhofplatz und Bahnhofquai nicht einsturzgefährdet», versichert Robert Sigrist.
Die Fassadenstabilität und damit auch die Sicherheit ausserhalb des Gebäudes am Bahnhofquai 15 seien gewährleistet.

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Das Innere des Gebäudes ist jedoch auch für Feuerwehr und Brandermittler gesperrt. Der Hauptgrund dafür sind zwei Betonplatten im 5. Obergeschoss, die bei einem früheren Umbau wegen der Plazierung von Haushaltsgeräten erstellt wurden. Eine der Platten ist in der Brandnacht heruntergefallen und hat dabei sämtliche Holzbalkendecken durchschlagen. Die Betondecke über dem Erdgeschoss hat die 15 Tonnen schwere Betonplatte zwar gestoppt, ist dabei aber auch stark beschädigt worden. Die zweite Betonplatte ist nicht heruntergefallen, aber ist sehr instabil und eine temporäre Sicherung sei mit einfachen Mitteln und auf die Schnelle nicht möglich, so Sigrist. Wenn diese Betonplatte ebenfalls einstürzt, würde dies zu weiterem Schaden im Gebäudeinnern führen, hätte jedoch keine Auswirkung auf die Stabilität der Fassade und die Sicherheit ausserhalb des Gebäudes. Bei den anderen Gebäuden sind nur das Dach und die oberen 2-3 Geschosse zerstört worden, aber das Löschwasser hat die Holzdecken der weiteren Geschosse stark beeinträchtigt und es ist eine aufwendige Sanierung erforderlich. Die Bauingenieure schätzen, dass am gesamten Gebäudekomplex ein Grossteil der Tragkonstruktion noch intakt ist und ein Gesamtrückbau nicht erforderlich ist, weil auch die Fassadenaussenseite durch den Brand kaum beschädigt worden ist.
Also ist das Gebäude nicht einsturzgefährdet und wird auch nicht abgerissen werden müssen. Das Gebiet um die Brandruine ist jedoch sicherheitshalber während dem Sturm Fabienne, der am 23. September über die Deutschschweiz gezogen ist, gesperrt worden, damit keine Personen durch allfällige fallende Bauteile gefährdet werden. Weil das Gebäudeinnere immer noch unsicher ist, können auch die Ermittler bis jetzt noch keine Ermittlungen zur Ursache des Brandes führen.
Es bleibt also spannend rund um den Grossbrand am HB, aber es ist schön zu wissen, dass die alten Gebäude aus der Belle Epoque weiterhin das Bahnhofquai und den Bahnhofplatz schmücken werden.