Dunkirk
von Martin Shen
Dunkirk basiert auf der historischen Schlacht von Dünkirchen im Mai und Juni 1940 und handelt in erster Linie von der Operation Dynamo: Mehr als 300'000 Soldaten, eingekesselt von den deutschen Truppen, wurden in der Operation Dynamo aus der französischen Küstenstadt Dünkirchen (franz. Dunkerque/engl. Dunkirk) über den Ärmelkanal evakuiert.
Es scheint mir, als hätte Regisseur Christopher Nolan (Interstellar, Inception) schon immer etwas gegen konventionelle Erzählstrukturen gehabt, und bei Dunkirk ist das nicht anders.
Der Film erzählt von der Rettung der Soldaten aus drei verschiedenen Perspektiven: Vom Strand, vom Meer und von der Luft aus. Dazu wird jedes Ereignis in unterschiedlich langen Zeiträumen erzählt. Die Soldaten stecken etwa eine Woche am Strand fest, die Reise auf dem Meer dauert höchstens einen Tag und die Flugzeuge in der Luft haben nur Treibstoff für eine Stunde. Diese Handlungsstränge werden zusammengemischt erzählt. Eigentlich eine ziemlich komplizierte Struktur für eine sonst simple Geschichte. Diese Komplexität kann auch verwirrend für manche Zuschauer sein. Vor allem gegen Schluss, an dem sich die verschiedenen Perspektiven vereinen.

Anzeige.
Wer sich den Film anschauen will, sollte unbedingt in ein Kino gehen (oder eine gute Soundanlage besitzen), denn Sounddesign und Filmusik sind phänomenal. Die Musik vermittelte mir ein Gefühl der Bedrängnis, sodass ich den ganzen Film lang in eine innerliche Spannung versetzt war. Die Schüsse und Explosionen sind unglaublich laut. Ich zuckte jedes Mal zusammen, wenn Schüsse fielen oder wenn feindliche Flugzeuge die Soldaten angriffen – was ich extrem toll fand.
Blut, epische Schlachten oder riesige Explosionen sucht man in diesem Film vergebens. Es wird kein einziges Mal Blut gezeigt. Flugzeuge explodieren nicht in einen gewaltigen Feuerball und Angriffe aus der Luft wirken zwar bedrohlich, sind aber kein Spektakel für das Auge.
Schon am Anfang des Filmes wird einem klar, dass der Fokus nicht bei den Charakteren liegt. Man erfährt nichts von ihren Persönlichkeiten, Hintergründen oder Meinungen. Am Ende des Filmes kannte ich nicht einmal die Namen der Protagonisten. Kein Wunder, denn im ganzen Film wird nur wenig geredet. Durch diese Distanzierung konzentriert man sich nicht mehr auf die Protagonisten, sondern man erlebt den Film in einer persönlichen Weise. Als wäre man dort gewesen.
Dieser Film stellt die Ereignisse exzellent dar. In diesem Film beobachten wir nicht nur, sondern wir nehmen auch teil. Die Ungewissheit, Verzweifelung und Angst der Soldaten überträgt sich in jeder Szene auf den Zuschauer. Wer jedoch seinen Kopf abschalten möchte und epische Explosionen oder Kämpfe sehen will, soll den Film lieber nicht schauen. Ich jedenfalls kann den Film nur weiterempfehlen.
DUNKIRK. UK, USA, F, NL 2017. Kriegsfilm von Chrisopher Nolan. Mit Fionn Whitehead, Tom Hardy, Mark Rylance, Harry Styles (ja – der Harry Styles...), Kenneth Branagh, Michael Caine.